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Aus dem Landtag
Aufsätze aus Zeitschriften (Landtag intern)


Nordrhein-Westfalen
Landtag
intern 10- 19.6.2001


Wie kann das Land an Straftaten erworbenes Vermögen abschöpfen

SPD-Fraktion: Wir müssen Spezialisten einsetzen, damit Verbrechen sich nicht lohnt

Von Frank Sichau



CDU-Fraktion: Ohne Finanzermittler geht es nicht

Von

Theo Kruse CDU



FDP-Fraktion: Verfahrensintegrierte Finanzermittlungen beim LKA einführen

Von

Horst Engel

B'90/DIE GRÜNEN: Eingezogene Gelder für den Opferschutz verwenden

Von

Sybille Haußmann






SPD-Fraktion: Wir müssen Spezialisten einsetzen, damit Verbrechen sich nicht lohnt

Von Frank Sichau

Die Frage setzt voraus, dass Vermögensabschöpfung beim Täter rechtlich möglich ist. Tatsächlich sind Vermögensabschöpfung und Opferschutz in unserer Rechtsordnung umfassend geregelt. Wer das Instrumentarium beherrscht, kann Straftäter sogar wirtschaftlich ruinieren. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Abschöpfung von illegal gewonnenem Vermögen vollständig durchgeführt werden; hierbei also Null Toleranz für Straftäter. Das rechtliche Instrumentarium ist die eine Seite, die praktische Umsetzung die andere.

Die Gesetze sind sehr differenziert. Die Materie erfordert daher den spezialisierten Volljuristen, der sich nicht nur in der Strafprozessordnung auskennt, sondern auch das gesamte zivilprozessuale Zwangsvollstreckungsrecht beherrscht. Außerdem sind fundierte Kenntnisse des Gesellschaftsrechts, Insolvenzrechts und Immobilienrechts unabdingbar. Deshalb setzt sich die SPD-Landtagsfraktion für die Einrichtung von Sonderabteilungen der Staatsanwaltschaften ein. Sobald in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu erwarten ist, dass es zur Abschöpfung von Vermögenswerten kommen kann, sollen eigens geschulte Spezialisten eingeschaltet werden. Ihre Aufgabe soll in der Aufspürung und Sicherung aller Vermögenswerte, die für eine Abschöpfungsmaßnahme in Betracht kommen, bestehen. Die Arbeit der Fachleute soll unterstützt werden durch "ZIVED", die "Zentrale Informationsvermittlung aus externen Datenbanken", die hoch qualifizierte, schnelle Recherchen aus allen öffentlich zugänglichen Datenbanken weltweit in kurzer Zeit bietet. Ziel ist es, nicht erkannte Unternehmensbeteiligungen von Straftätern im In- oder Ausland, Erwerbs- oder Veräußerungsvorgänge mit dem Ziel der Vermögensabschöpfung herauszufinden.

Klar ist: Verbrechen darf sich in keiner Weise lohnen - auch beim Geld nicht.


CDU-Fraktion: Ohne Finanzermittler geht es nicht

Von

Theo Kruse CDU

Bei der Vorstellung des gemeinsamen Lagebildes Organisierte Kriminalität von Polizei und Justiz, teilten die Minister Dieckmann und Behrens mit, dass im Jahr 2000 insgesamt 170 Millionen DM an illegalem Vermögen beschlagnahmt worden sei. Das ist zwar bundesweit ein Spitzenwert, falsch wäre es aber, sich dessen zu rühmen. NRW ist das bevölkerungsreichste Bundesland mit den meisten Straftaten.

In NRW gibt es bei der Abschöpfung kriminell erworbenen Vermögens strukturelle Mängel. Nur 14 Millionen DM konnten bei OK-Tätern eingezogen werden. Angesichts Milliardengewinne in diesem Bereich ist dieses Ergebnis erschreckend wenig.

Um bei der Gewinn- und Vermögensabschöpfung erfolgreicher zu sein, brauchen wir selbstverständlich Sonderabteilungen bei den Staatsanwaltschaften und bei der Polizei. Wir brauchen selbstverständlich eine verstärkte Internetrecherche und eine gezielte Fortbildung.

Alle diese Maßnahmen nützen jedoch nichts, wenn wir zu wenig Personal im Bereich der Gewinn- und Vermögensabschöpfung haben.

Nach Angabe des bdk gibt es in NRW lediglich etwa 50 Finanzermittler. Damit liegen wir unter der Vorgabe von rund 80 Finanzermittlern im Rahmen der belastungsbezogenen Kräfteverteilung. Erschwerend kommt hinzu, dass die wenigen Finanzermittler auch noch für andere operative Aufgaben eingesetzt werden. Ohne Finanzermittler geht es nicht. Es ist völlig unverständlich, dass es die Landesregierung versäumt für eine ausreichende Zahl von hauptamtlichen Finanzermittlern zu sorgen, zumal diese sich aufgrund ihrer Tätigkeit selber finanzieren.

Neben einer ausreichenden Zahl von Finanzermittlern muss die Politik die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, die im Kampf gegen Kriminalität notwendig ist. Die CDU bleibt bei ihrem Vorschlag, dass der Verfassungsschutz im Rahmen der Vorfeldbeobachtung der Polizei gegen organisiertes Verbrechen helfen muss. SPD und Grüne haben diesem Vorschlag immer eine Absage erteilt. Der Staat muss aber seine Möglichkeiten gegen das Verbrechen ausschöpfen. Nur dann wird das von der Landesregierung häufig betonte Ziel, Kriminalität an ihrem Lebensnerv zu treffen, gelingen.


FDP-Fraktion: Verfahrensintegrierte Finanzermittlungen beim LKA einführen

Von

Horst Engel

Zur Innenausschusssitzung am 18. Januar 2001 hat die FDP-Landtagsfraktion die Einrichtung einer Service-Einheit" zur verfahrensintegrierten Finanzermittlung beim LKA beantragt. Anlass war der erhebliche Beratungsbedarf der Kreispolizeibehörden und der Staatsanwaltschaften. Der Innenminister hat dies bislang abgelehnt und in seiner Stellungnahme für das Jahr 2000 deutlich über 100 Millionen DM an abgeschöpften Vermögenswerten angekündigt. Dem Vernehmen nach sollen es inzwischen ca. 170 Millionen DM geworden sein.

Zum Vergleich:

Baden-Württemberg hat diese Service-Einheit. Sie arbeitet erfolgreich. Im dortigen LKA sind zwölf Spezialisten mit der Beratung der Kreispolizeibehörden und der Staatsanwaltschaften befasst. Sie sind im Bereich der Gewinnabschöpfung bundes- und europaweit spezialisiert und in den Schwerpunkten organisierte Kriminalität, Wirtschaftskriminalität, Taktikbereich und im Bereich der Aus- und Fortbildung beratend tätig. Im Jahr 2000 haben sie, bei bereinigter Statistik, rund 545 (echte") Millionen DM gesichert und abgeschöpft.

Zum Thema appellierte auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter in einem Dringlichkeitsantrag anlässlich des Landesdelegiertentages vom 22. bis 23. November 2000:

Vermögensabschöpfung wird im europäischen Raum eine exponierte Stellung einnehmen. Das LKA und das BKA sollten für diesen Bereich als Kontaktstellen zum Europäischen Justiziellen Netz (EJN), EUROJUST und EUROPOL fungieren."

Gute Argumente für die Einrichtung einer Service-Einheit" zur verfahrensintegrierten Finanzermittlung beim LKA NRW.


B'90/DIE GRÜNEN: Eingezogene Gelder für den Opferschutz verwenden

Von

Sybille Haußmann

Die Abschöpfung von Vermögen aus Straftaten ist ein außerordentlich schwieriges Rechtsgebiet, da eine Vielzahl von zivil- und finanzrechtlichen Bereichen in ein Strafverfahren hineinwirken. Daher war es in der Vergangenheit selten möglich im Rahmen eines Strafverfahrens auch die Vermögenswerte aus einer Straftat zu ermitteln und für die Behörden greifbar zu machen. Es mangelte an Fachkompetenz auf Seiten der Richter und der Staatsanwälte. Die Koalitionsfraktionen haben im Rahmen des Haushaltes 2001 zusätzliche Stellen für Staatsanwälte geschaffen, die sich ausschließlich der Thematik der Vermögensabschöpfung widmen sollen. Bis heute sind in vier Staatsanwaltschaften Sonderdezernate gebildet worden, die sich ausschließlich der Vermögensabschöpfung widmen. In den nächsten Jahren werden weitere folgen. Zukünftig soll es in jeder Staatsanwaltschaft SpezialistInnen für diese Thematik geben. Das Justizministerium hat hierfür ein ehrgeiziges Fortbildungsprogramm entwickelt.

Aus Sicht von Bündnis90/Die Grünen begrüßen wir diese Entwicklung außerordentlich. Insbesondere sehen wir in der Vermögensabschöpfung dem Aspekt des Opferschutzes Rechnung getragen, da ein Großteil des Geldes an die konkret betroffenen Opfer geht und Opferschutzorganisationen und -beratungsstellen unterstützt werden. Beispielsweise können Opfer von Frauenhandel über diesen Weg entschädigt werden, Betreuung und Beratung der Opfer können finanziell besser ausgestattet werden.

Ich sehe Vermögensabschöpfung darüber hinaus als Prävention vor weiteren Straftaten, denn durch den Entzug der finanziellen Ressourcen fallen oftmals auch die Möglichkeiten weitere Straftaten zu begehen weg. Täter um den Ertrag ihrer Straftaten zu bringen wiegt oftmals mehr als Freiheitsentzug.

Bündnis90/Die Grünen unterstützen die Anstrengungen des Justizministeriums, Spezialisten für die Vermögensabschöpfung auszubilden. Ich könnte mir allerdings darüber hinaus auch vorstellen, dass in der weiteren Perspektive in den Sonderdezernaten nicht nur Juristen und juristisch ausgebildete Fachleute beschäftigt sind, sondern auch Spezialisten anderer Fachrichtungen des Finanz- und Kapitalwesens, die RichterInnen und StaatsanwältInnen beratend zur Seite stehen und die Ermittlungen begleiten.


Weitere Informationen
Frank Sichau, Mitglied im Landtag Nordrhein-Westfalen